Mittwoch, 24. Juli 2013
"Wissen kann man mitteilen, Weisheit aber nicht. Man kann sie finden, man kann sie leben, man kann von ihr getragen werden, man kann mit ihr Wunder tun, aber sagen und lehren kann man sie nicht. [...] Von jeder Wahrheit ist das Gegenteil ebenso wahr! Nämlich so: eine Wahrheit lässt sich immer nur aussprechen und in Worte hüllen, wenn sie einseitig ist. Einseitig ist alles, was mit Gedanken gedacht und mit Worten gesagt werden kann, alles einseitig, alles halb, alles entbehrt der Ganzheit, des Runden, der Einheit. Wenn der erhabene Gotama (Buddah, Erleuchtete) lehrend von der Welt sprach, so musste er sie teilen in Sansara und Nirwana, in Täuschung und Wahrheit, in Leid und Erlösung. man kann nicht anders, es gibt keinen anderen Weg für den, der lehren will. Die Welt selbst aber, das Seiende um uns her und in uns innen, ist nie einseitig. Nie ist ein Mensch, oder eine Tat, ganz Sansara oder ganz Nirwana, nie ist ein Mensch ganz heilig, oder ganz sündig. Es scheint ja so, weil wir der Täuschung unterworfen sind, dass Zeit etwas Wirkliches sei. Zeit ist nicht wirklich, Govinda, ich habe dies oft und oft erfahren. Und wenn Zeit nicht wirklich ist, so ist die Spanne, die zwischen Welt und Ewigkeit, zwischen Leid und Seligkeit, zwischen Böse und Gut zu liegen scheint, auch eine Täuschung.

Aus 'Siddhartha' von Hermann Hesse, Kapitel: Govinda

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Die Illusion der Zeit
Ich glaube meine Wahrnehmung der Zeit ist nur Illusion die entsteht, weil ich mich frage, wie lange ich zum Beispel schon hier sitze. Um das herauszufinden, springe ich gedanklich zurück in die Vergangenheit. Mein Gefühl für Zeit ensteht also, weil mein Bewusstsein sich immer wieder mit der Vergangenheit abgleicht und je häufiger dieser abgleich stattfindet, desto langsamer scheint die Zeit zu vergehen. Ich stelle es mir so vor: Ich sehe einen Film, ich nehme den Fluss der Eindrücke wahr, aber dann zieht etwas meine Aufmerksamkeit in die Vergangenheit und ich spule den Film zurück um mich dieser wieder bewusst zu werden. Dabei läuft der Film, mein Leben, aber natürlich weiter und ich verpasse einen Teil. Insgesamt ist es jetzt so, als ob ich den Film, den Fluss immer nur in kurzen zerhackten Sequenzen wahrnehmen würde. Ich sehe nicht mehr den Fluss als Einheit, als Kontinuum. Wenn ich aber im Fluss bleibe, dann fügt sich alles stufenlos zusammen und die Zeit verliert ihre Bedeutung. Das scheint mir viel besser als diese zerhackte Wahrnehmung in der ich davon beherrscht bin zu analysieren, zu abstrahieren, zu bewerten anstatt zu leben.
Oft brauche ich die Vergangenheit ja dazu, dass ich jetzt die „richtige“ Entscheidung treffe, aber was ist schon richtig und falsch? Ist es wichtig bestimmte Erfolge zu erreichen, aus Situationen das Beste zu machen? Oder ist unser Leben vielleicht nur dazu bestimmt, dass wir uns selbst kennen lernen -- wir uns selbst in unseren Empfindungen erfahren und erkennen? Vielleicht sind wir selbst eine Art Instrument in der Musik des Lebens. Vielleicht ist es unsere Aufgabe im Vielklang mit der Musik des Lebens und im Einklang mit uns selbst zu erklingen. Jeder erklingt auf seine/ihre wundervolle, einzigartige Art und Weise. Ich glaube wir sollten nicht zu lange überlegen, welche Note wir als nächstes spielen sollen, denn dann zerstören wir die Harmonie. Vielleicht sollte ein Blick in die Vergangenheit also eher so aussehen, dass wir ein altes Thema noch einmal ergreifen und in uns erklingen lassen. Aber das selbst wird es nicht sein, denn wir haben uns verändert und so wird auch unser Klang ähnlich, aber doch nicht der selbe sein. Wir lassen die Vergangenheit auferstehen und Teil der Gegenwart, Teil von uns werden. Wir tauchen vollständig in sie ein. Aber welchen Sinn hat es über sie als Vergangenheit zu denken? Hören wir in einem Lied eine Wiederholung des Themas, dann ist das zwar etwas, dass uns schon vertraut ist, etwas, aus der Vergangenheit, aber trotzdem ist es jetzt. Es gibt keinen Unterschied zwischen den beiden.

Aber wenn ich genau darüber nachdenke, ist es nicht wirklich die Existenz der Zeit, von der ich denke, dass sie eine Illusion ist, sondern vielmehr ihre Bedeutung. Was die Existenz der Zeit angeht, so denke ich, dass unsere Vorstellung von Zeit einfach nur eine Folge der Art ist, wie wir die Dynamik, die das Leben ist, wahrnehmen. Und unser Leben existiert denke ich schon :D Wenn wir aber im Fluss bleiben würden, dann würden wir vielleicht nie auf die Idee kommen aus der Dynamik, der Bewegung dieses Flusses des Lebens den Begriff der Zeit abzuleiten, weil dann die Zeit nämlich keine Bedeutung hätte, weswegen auch kein Wort dafür gebraucht würde. Die Tatsache, dass wir uns überhaupt mit diesem abgeleiteten Konzept der Zeit befassen scheint mir darin zu bestehen, dass wir oft „in der Zukunft/Vergangenheit leben“, unser Kopf unserem Körper und unserer inneren Wahrnehmung voraus-/nacheilt und Geist und Körper nicht im Einklang, in Harmonie sind.

Dazu passend noch ein Zitat aus 'Siddhartha' von Hermann Hesse (S.89):
"Es ist doch dieses, was du meinst: dass der Fluss überall zugleich ist, am Ursprung und in der Mündung, am Wasserfall, an der Fähre, an der Stromschnelle, im Meer, im Gebirge, überall, zugleich, und dass es für ihn nur Gegenwart gibt, nicht den Schatten Zukunft."
"Dies ist es", sagte Siddhartha. "Und als ich es gelernt hatte, da sah ich mein Leben an, und es war auch ein Fluss, und es war der Knabe Siddhartha vom Manne Siddhartha und vom Greis Siddhartha nur durch Schatten getrennt, nicht durch Wikrliches. Es waren auch Siddharths frühere Geburten keine Vergangenheit, und sein Tod und seine Rückkehr zu Brahma keine Zukunft. Nichts war, nichts wird sein; alles ist, alles hat Wesen und Gegenwart."

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Dienstag, 30. April 2013
Was unterscheidet den Bereich außerhalb unseres Körpers vom Bereich innerhalb unseres Körpers? Unsere Wahrnehmung innerhalb ist vermeintlich besser. Außerhalb haben wir ja keine Nerven über die wir Schmerz oder Berührung spüren können. Wir haben dort weniger Sinne zur Verfügung. Aber doch haben wir sie. Wir können hören, sehen, riechen und wir können uns etwas so sehr nähern, dass wir es mit unserem Tastsinn erfahren können. Wir können uns sogar in andere Menschen hineinversetzen und manche Sachen fühlen, die jemand anderem und gar nicht uns widerfahren (z. B. Im Kino können wir Angst, Trauer, Freude und so weiter fühlen wenn der Person im Film etwas widerfährt). Je nähere uns Dinge sind, desto besser nehmen wir sie also wahr. Und unsere Haut ist die Grenze ein paar unserer Sinne. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich an dieser Grenze nicht wirklich etwas ändert. Unsere Fähigkeit zu empfinden, was außerhalb unseres Körpers vor sich geht bleibt erhalten. Zumindest auf der Handlungsebene, das heißt, wenn wirklich etwas passiert. Natürlich interpretieren wir die Vorgänge in uns und können somit nur vermuten, wie es auf andere wirkt. Aber mal angenommen wir wären das einzige Bewusstsein im Universum. Warum würden wir dann eine Grenze ziehen zwischen unserem Inneren uns dem Äußeren? Klar, wie sind uns bewusst, dass das Universum sehr groß ist und es an unterschiedlichen Orten sehr unterschiedlich aussehen kann und dass wir einen Ort verunstalten und ihm Schmerz zufügen können und an anderen Orten trotzdem noch Schönheit und und Leben finden können, aber wenn wir im Blick behalten, dass das Universum doch irgendwie ein Ganzes ist und, dass wenn wir an einem Ort etwas tun es auch als Ganzes betrifft - wohlgemerkt unterschiedlich stark un unterschiedlichen Orten - dann können/müssen wir doch irgendwie die Umwelt als Erweiterung unseres Körpers betrachten.
Irgendwie ist mir diese Sache noch nicht so klar und ich habe den Eindruck, dass meine Worte mein Gefühl nicht sehr gut wiedergeben, aber ich habe das Gefühl, dass an dieser Sichtweise etwas Wahres ist.

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Über das Warten auf Zeichen
Wie oft warten wir auf Zeichen von Gott die uns sagen, dass wir auf dem dem richtigen Weg sind? Aber was für einen Sinn macht das? Woran erkennen wir ein Zeichen? Wie können wir es aus der Masse an wahrgenommenen Dingen extrahieren? Auf jeden Fall kann Gott uns dabei nicht helfen, zumindest nicht wenn er uns zu freien Wesen gemacht hat. Wir müssen es also selbst tun. Das hört sich auf den ersten Blick schwer an, aber denken wir genauer darüber nach, dann merken wir, dass wir gar nicht auf Gottes Zeichen warten müssen. Sie sind bereits in Fülle vorhanden, überall um uns strömen sie ständig auf uns ein. Aber es liegt an uns sie als solche zu erkennen, die Zügel für einen Moment aus der Hand zu geben und uns Gottes Führung anzuvertrauen. Dann werden wir die Zeichen sehen.

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Freitag, 26. April 2013
Der Weg zu mir selbst
Ich verstehe mich selbst nicht mehr.
Wer bin ich?
Ständig verhalte ich mich auf Arten, die ich selbst überhaupt nicht von mir kenne.
Ich habe die Kontrolle verloren. Ich treibe ziellos dahin.
Wohin wird es mich treiben? Was geschieht mit mir?
Manchmal fühle ich mich wie ein Zuschauer in meinem eigenen Leben.
Ich will meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Ich will mich meiner Schwäche hingeben.
Ich WILL die Kontrolle abgeben.
Und gleichzeitig habe ich so eine Angst davor. Ich glaube das ist meine größte Angst. Die Angst davor, mich selbst zu entfesseln, meinen eigenen Schranken zu durchbrechen und mein volles Potential zu entfalten. Ich habe immer die Kontrolle an mich gerissen. Mich immer selbst unter Kontrolle gehabt, mich selbst in die Schranken gewiesen.
Und jetzt habe ich das Gefühl, dass der Weg zu mir selbst nur durch loslassen möglich ist. Ich muss mich selbst, mein Bild von mir selbst, meinen Anspruch an mich selbst loslassen. Mich frei machen von mir selbst um zu mir selbst zu gelangen. Wie paradox ist das!
Ich habe das Gefühl, dass das sich Hingeben an das Paradoxe, das Widersprüchliche - das ist der Weg um im Einklang mit der Welt zu leben. Wir sind Wesen des Widerspruchs. Und gleichzeitig sind wir Wesen der Vernunft. Wir sind Wesen der Gefühle und Wesen der Gedanken. Wesen des rationalen und Wesen des Emotionalen. Beides in gleichem Maße.

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