Dienstag, 22. Juli 2014
Gedanke des Tages
Ein Mensch ist die Fassade eines Tempels, in dem alle Weisheit und alles Gute wohnen. Was wir gemeinhin Mensch nennen, er essende, trinkende, zählende Mensch, wie wir ihn kennen, stellt sich nicht dar, sondern stellt sich falsch dar. Nicht ihm gilt unser Augenmerkm aber die Seele, deren Organ er ist, würde, ließe er sie nur durch sein Handeln er-scheinen, uns die Knie beugen. Wenn sie durch seinen Verstand atmet, ist sie Genie; wenn sie durch seinen Willen atmet, ist sie Tugend; wenn sie durch sein Gemüt fließt, ist sie Liebe. Und die Blindheit des Verstandes beginnt da, wo er aus eigenem etwas sein möchte. Die Schwäche des Willens beginnt da, wo er aus eigenem etwas sein möchte. Alle Besserung zielt darauf ab, die Seele ihren Weg durch uns nehmen zu lassen.

Ralph Waldo Emerson: Selected Prose and Poetry, hrsg. v. R. Cook, S.96
zitiert in Ken Wilber (1996) - Eros, Kosmos, Logos, S.347, Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt am Main

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